Freitag, 12. Oktober 2018

Jetzt Sparplan starten oder nicht? Wann ist der beste Einstiegszeitpunkt an der Börse?

Es ist keine neue Erkenntnis, dass man mit einem langfristigen Börseninvestment in solide Werte mit einer Buy & Hold Strategie auf lange Sicht durchaus ein Vermögen aufbauen kann. Je nach Marktsituation und Einstiegszeitpunkt kann sich das aber höchst unterschiedlich entwickeln. Wer nach 2008 den Einstieg verpasst hat, oder sich erst in den letzten Jahren mit Börseninvestments beschäftigt, stellt sich unweigerlich die Frage: Soll ich nun endlich anfangen zu investieren, oder lieber die Finger weg lassen? Nun sind wir bereits seit zwei Jahren in einer Seitwärtsbewegung und haben seit 10 Jahren keinen wirklichen Einbruch des Marktes gesehen. Ob Bauchgefühl, Natur der Dinge, Psychologie, Charttechnik oder Konjunkturzyklen: Je länger der Markt in einem positiven Zyklus läuft und die Kurve sich abschwächt, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer deutlichen Korrektur. Provokante These? Naja, das wird von vielen Analysten betrachtet und ist nicht Bestandteil meines Artikels.

An vielen Stellen wird mit (ETF-) Sparplänen geworben, nach dem Motto: Egal wann man kauft, einfach jeden Monat immer Summe X investieren und dann liegen lassen. Der Cost-Average-Effekt wirds schon richten. Betrachtet man rückblickend die letzten 5, 10, 15 Jahre, hätte das auch ganz gut funktioniert. Aber weitere 5 Jahre? Eine Kapitalverminderung im zweistelligen Prozentbereich kann richtig wehtun, denn man bedenke auch die Effekte der Prozentrechnung: -30% Verlust sind nicht mit +30% Gewinn wiederhergestellt. Hierfür muss der Markt erstmal wieder 43% Plus machen. In großen Krisen sind 30% Verlust innerhalb weniger Wochen oder Monate keine Seltenheit. Wer in der Gesamtmarktbetrachtung also eher negativ eingestellt ist, aber eigentlich aufgrund der Niedrigzinspolitik nervös mit seinem Kapital an der Seitenlinie steht und endlich in den Markt will, braucht eine klare Strategie. Also zurück zur großen Frage:

A: Warten bis zum Crash und dann investieren bzw. einen Sparplan beginnen?
B: Jetzt regelmäßig investieren, egal wo der Markt steht?

Diese Frage stelle ich mir selbst seit Jahren und wollte betrachten, wie sich eine frühe oder späte Krise auf einen Gesamthorizont von 10 Jahren auswirkt. Ich habe das nun anhand von unterschiedlichen Strategien und anhand von sechs Szenarien am Markt beleuchtet. Im Wachstumsmarkt gehe ich vorsichtig von einer angestrebten Performance von 5% jährlich aus. Im Ergebnis sieht man, wie sich das Kapital entwickelt hat. Natürlich sind darin vereinfachte Annahmen enthalten, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten und es nicht zu unübersichtlich zu machen. Auch gibt es natürlich viele weitere Effekte die Auswirkungen auf das Gesamtergebnis haben können, zum Beispiel Inflation, alternative Anlagemöglichkeiten, Dividenden usw. Auch hat man nach 10 Jahren natürlich nur eine Momentaufnahme. Man kann auch auf 20 Jahre weiterrechnen und wird zu neuen Erkentnissen kommen, abhängig davon, ob es innerhalb von 20 Jahren eine weitere Krise gibt oder nicht. So kann man die Rechnerei grenzenlos weiterbetreiben.

Mein persönliches Fazit:

Wer in den nächsten fünf Jahren mit einer größeren Krise rechnet, sollte mit großen Einzelinvestments die Füße still halten und abwarten! Selbst wenn die Krise noch etwas auf sich warten lässt, ist das Stehen an der Seitenlinie nicht verkehrt. Denn eines hat mich wirklich erstaunt: Je später die Krise kommt, desto schlimmer ist der Effekt für die Sparplanstrategie. Siehe Vergleich Strategie B versus Strategie C. Beim viel diskutierten Cost-Average Effekt wird leider auch nie der Einstiegszeitpunkt berücksichtigt. Ansatzweise kann man meine Theorie in diesem Artikel bestätigt sehen. Deswegen habe ich als Mischform die Strategie BC mit aufgenommen, die mir auf den ersten Blick symphatisch ist, und zwar in allen Szenarien. Umsetzen könnte man diese beispielsweise, indem man umgehend mit einem ETF Sparplan beginnt und in günstigen Zeiten Aktien dazu kauft.

Wer von einem Seitwärtsmarkt mit leicht positiven Tendenzen ausgeht oder direkt einen 20 Jahre Horizont mit maximal einer Krise sieht, für den macht ein sofortiger Sparplan Sinn. Oder anders formuliert: Wer jetzt die Sparplan Strategie beginnt, muss hoffen, dass die Krise möglichst schnell kommt.

Wenn jemand aus der Tabelle andere Annahmen ableiten kann, oder inhaltliche Verbesserungen hat,  freue ich mich über Feedback.

Nochmal ein Überblick in Kürze, damit die Tabelle verständlich ist:

Konstellation dieser Matrix:
    • Fünf Invest-Arten (einmalige Sofortinvestition, Sparplan, warten oder nicht warten, Mischform...)
    • 6 Marktszenarien, von denen eine mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten wird 


    Annahmen:
    • Eine Krise hält nicht länger als 1-2 Jahre an und wird einen Gesamtverlust von ca. 30% verursachen
    • In guten Zeiten erwirtschaftet der Markt sehr konservativ gerechnet durchschnittlich 5% p.a. - wobei real von deutlichen Schwankungen (mal mehr, mal weniger) ausgegangen werden muss. Die Theorie besagt also nicht, dass ab Einstieg jedes Jahr ausschließlich positive Erträge erwirtschaftet werden
    • Steuerliche Aspekte, Inflation etc. sind unberücksichtigt
    • Es wird beispielhaft ein Einmal-Investment von 100.000€ verwendet, das  Ergebnis gilt aber natürlich ebenso für 10.000€ oder andere Beträge
    • Bei einer Sofortinvest-Strategie kann nicht genau betrachtet werden, ob der Einstiegspunkt optimal getroffen wird, dafür wird aber im Gegenzug das bis zur Krise geparkte bzw. nicht in einen Sparplan reinvestierte Geld auch nicht andersweitig verzinst
    • Mit "Sparplan" kann sowohl ein klassischer automatisierter ETF Sparplan als auch eine eigenentwickelte regelmäßige Investmentstrategie gemeint sein
       

    Erkenntnisse: 
    • 10 Jahre Horizont: Unter der Annahme, dass in den nächsten 5 Jahren eine Krise eintritt, ist es (teils deutlich) effektiver, größere einmalig zu investierende Geldsummen bis dahin zu parken oder andersweitig (flexibel verfügbar) zu investieren
    • Damit man einen Einstiegszeitpunkt für größere Investmentsummen nicht gänzlich verpasst, sollten Positionen in einem fallenden Markt langsam aufgestockt werden (senken des durchschnittlichen Einkaufspreises)
    • Aufgrund seiner persönlichen Annahmen wie sich der Markt entwickelt, kann sich somit jeder sein Szenario aussuchen und seine Strategie entwickeln
    • Eine optimale Strategie könnte sein, sofort auf Sparplan (ETF) zu beginnen und in der Krise das Investment mittels größeren Sofortinvestitionen (Aktien, Dividendentitel) zu verstärken (siehe Strategie BC - diese holt unabhängig von den eintretenden Szenarien die meiste Rendite heraus)

    Sparplan vs Invest Download




    Donnerstag, 5. Januar 2012

    nach den Koreanern die Chinesen?

    Wer Autos aus China kauft, kann auch gleich mit nem Fahrrad bergab gegen ne Betonwand fahren. 

    So oder ähnlich klingen bis heute die Sprüche wenn es um die Sicherheit chinesischer Autos geht. Abgesehen davon dass die sowieso nur klauen, alles billig nachbauen und das Zeug nach ein paar Monaten auseinanderfliegt. Autos aus China geniesen in Europa keinen guten Ruf. Wird sich das ändern? Denken wir zurück an die Zeit, als die Koreaner namens Kia und Hyundai in den Markt drängten. Diese wurden nahezu ebenso ausgelacht, erfreuen sich aber inzwischen zunehmender Beliebtheit und bauen absolut hochwertige und konkurrenzfähige Autos. Gleichzeitig setzen sie sich noch von anderen Herstellern ab, indem sie 5-7 Jahre und bis 100.000km echte Garantie anbieten. Wirklich fair!

    Nachdem Ende 2009 bekannt wurde dass der private chinesische Autohersteller Geely Volvo von Ford kauft, und somit ein (erlaubter) Technologietransfer stattfindet, schlug ich zu und legte mir ein paar Geely-Aktien ins Depot. Chinas Autohersteller kann man zwar nicht gerade an drei Händen abzählen (es sind wirklich eine Menge) aber Geely traue ich trotz massig Konkurrenz eine gute Chance zu, sich als einer der wenigen chinesischen Marken dauerhaft durchzusetzen. Ob das auf dem europäischen Markt funktioniert, bleibt zwar abzuwarten, aber schon heute gilt Geely im chinesischen Inland und in vielen weiteren Ländern als bekannte Automarke.

    So war ich dann auch positiv überrascht, dass ich auf Kuba unerwarteter Weise endlich mal ein paar Geelys live sehen konnte. Die sind dort als einzige chinesische PKW Marke sehr häufig anzutreffen. So entstand dann auch das Foto mit dem weißen Geely EC7. Das Auto wirkt von aussen auf jeden Fall schon hochwertig. Die Spaltmaße sind keinesfalls schlechter als die europäischer Hersteller und wenn man bedenkt dass Geely bis vor kurzem noch Landwind-ähnlichen Schrott für dritte-Welt-Länder gebaut hat (und weiterhin baut, um dort weiterhin günstige Autos absetzen zu können), sind die Sprünge nun von Modell zu Modell enorm! EC7 und EC8 sind praktisch fast auf europäischem Niveau angekommen und sehen nicht einmal schlecht aus. Und hier sehen wir noch nicht einmal den besagten Technologietransfer von Volvo, denn Motoren und Getriebe sind Geely-Eigenentwicklungen. Schauen wir mal 5-10 Jahre in die Zukunft, lässt sich erahnen, dass Geely eine ähnliche Erfolgsstory hinlegen könnte wie Hyundai oder Kia. Natürlich braucht das Zeit. Geely hat 2010 ca. 410.000 Autos weltweit verkauft. Gemessen an den Global Playern ist das noch deutlich verbesserungswürdig.

    Das Thema Sicherheit hat sich Geely auch ganz oben auf die To-Do Liste geschrieben. Während heutzutage fast jeder neue PKW 4-5 Sterne im Euro NCAP Crashtest erhält (sollte man die Skala nicht mal langsam etwas anpassen oder die Crashgeschwindigkeit erhöhen?) erinnert sich jeder Auto-Interessierte an das Debakel mit Landwind & Co. Der Geely EC7 erhielt nun neben dem Kleinwagen Geely Panda (2009) vier Sterne im NCAP und erntet das erste Mal Lob von der weltweiten Presse. (Video) Vorbei sind also die Zeiten zerschellender Blechbüchsen aus dem Land der Mitte.

    Auch aus folgender Info lässt sich schließen, dass Geely enorm wächst und sich mit Eigenentwicklungen, Kooperationen und Zukäufen eindeckt, um langfristig ganz oben mitspielen zu können: 

    "Etwa 15 Prozent aller produzierten Steuergeräte werden derzeit in Toyota-Pkws verbaut. Größter Konkurrent in dieser Kategorie könnte der chinesische Hersteller Geely werden, der verglichen mit anderen chinesischen Herstellern, am meisten Elektronik verbaut und gleichzeitig starkes Wachstum vorweisen kann." Quelle

    Anlass für dieses Posting war auch, dass ich nach der Rückkehr aus Kuba und meinen dort wieder gesteigerten Geely-Interesse unerwartete News vernehmen konnte: Geely startet 2012 in Großbritannien und Italien mit dem EC7 und versucht damit einen ersten Schritt in den europäischen Markt. Und zur großen Freude kommt Geely mit einer 5-Jahres und 100.000 Meilen Garantie nach Europa! Nur so kann man als Chinese das Vertrauen der Käufer gewinnen. Es wird also spannend! Geely baut übrigens auch die bekannten London-Taxis.

    Auch wenn der Aktienkurs momentan etwas enttäuscht, kann man gespannt sein, wo Geely in einigen Jahren stehen wird, und natürlich auch, wie sich Volvo entwickelt. Geduld sollte man mitbringen und ein nicht geringes Risiko, vor allem in Hinblick auf Chinas Wirtschaft im Allgemeinen, gibts auch. Es macht aber Spaß, die Entwicklung zu verfolgen.

    Schade nur, dass ich auf Kuba nicht die Gelegenheit hatte, den EC7 mal von innen unter die Lupe zu nehmen oder sogar mal (mit)zu fahren. Ein kleiner Testbericht hätte den Artikel perfekt abgerundet.



    Dienstag, 27. Dezember 2011

    Rum-Fahrten

    Zwei Wochen Kuba - das verspricht einiges an interessanten Einblicken in das Land der Nationalhelden, Oldtimer, Rumgetränke und Musik. Fassen wir mal kurz zusammen:

    In der ersten Woche hatten wir erstmal zwei Tage Zeit, Havanna auf eigene Faust zu erkunden. Wir nutzten jede Stunde, um Havanna auf dem Fußweg zu entdecken, wo wir wirklich jede Menge der im Reiseführer erwähnten Highlights zu Fuß abklapperten. Das sollte sich als goldrichtige Entscheidung entpuppen, denn auf anschließenden Rundreise wurde unsere Reisegruppe dann im Schnelldurchgang durch Havanna geführt.

    Straßen von Havanna
    normales Wohnhaus

    Capitol

    Wir konnten also in Ruhe diverse Plätze, Kathedralen, Straßen und das pure kubanische Leben abseits der Touristenrouten erkunden. Einzig das Wetter spielte noch nicht so ganz mit, es war teils stark bewölkt und regnerisch bei angenehmen 25 Grad. Havanna selbst ist bis auf wenige, von Touristen besuchten Straßen wirklich in wahnsinnig baufälligem Zustand. Man hat teilweise das Gefühl, die Häuser bröckeln beim nächsten Windstoß komplett auseinander. Anders in Cienfuegos und Trinidad, hier sieht es noch ein bißchen besser aus.




    An jeden Haltepunkt unserer Rundreise ließ man die Gelegenheit nicht aus, uns diverse Cocktails auf Rum-Basis einzuflößen. Das gehört einfach dazu und schnell lernt man Mojito, Pina Colada, Canchanchara und weitere schätzen. Desweiteren wird an jedem Essenstisch lautstark Livemusik gespielt. Leise kennt ein Kubaner nicht!

    Besonders beeindruckend sind natürlich die ganzen Oldtimer, teils in äußerst marodem Zustand. Nicht umsonst soll es auf Kuba die besten Mechaniker geben, denn die spritfressenden V8-Motoren wurden zum großen Teil durch Diesel ersetzt und natürlich müssen die Menschen kreativ sein, um die alten Kisten am Leben zu halten.

    TÜV?




    beeindruckend: Porsche 356

    Anschließend ging es noch ein paar Tage an den Traumstrand von Varadero ins Hotel Blau, das zwar von weitem wie ein Atomkraftwerk aussah, aber mit inneren Werten, also Top-Service und Rumdumzufriedenheit glänzte. Mit immernoch windigem, aber besserem Wetter genossen wir ein paar Tage Ruhe sowie einen Katamaranausflug samt Delphin-Treffen in einem großen Meerwasserbecken. Delphine sind wirklich wahnsinnig interessante Tiere, so neugierig und gleichzeitig hochkonzentriert. Sie führen Anweisungen der Trainer zentimetergenau aus und man konnte im Wasser stehen und die Tiere anfassen. Definitv unvergesslich!

    Postkartenlook am Cayo Blanco


    Dienstag, 16. August 2011

    Rückkehr ins Paralleluniversum

    Da ich im Moment "Limit" von Frank Schätzing lese, ist mir wieder eingefallen dass ich mir vor längerer Zeit mal einen Secondlife Account angelegt hatte. Nach dem Zusenden des Usernamens per Mail konnte ich mich dann auch tatsächlich wieder einloggen in die zweite Welt. Wie gut, dass alle Daten immer schön gespeichert sind, so konnte ich sehen, dass mein Avatar im Moment so ziemlich genau 4 Jahre (!) alt ist. Uff! Da wird sich ja einiges getan haben in der virtuellen Welt... oder?

    Also mal wieder etwas rumgeschaut und festgestellt: Das sieht alles noch haargenauso aus wie vor 4 Jahren. Bescheidene, fehlerbehaftete Grafik, die sich aufbaut als hätte man eine ISDN Verbindung. Sinnloses Umherirren ohne irgendwas besonders spektakuläres oder interessantes zu finden. Die meisten (sogenannte "häufig besuchten") Orte sind menschenleer. Auch google liefert dazu nicht besonders viele aktuelle Infos. Nach 10 Minuten stellt man also fest, dass sich hier gar nichts getan hat. Einzig sinnvoll mag vielleicht noch die Playlist der musikalischen Untermalung in einigen Welten sein. So kann man das Fenster minimieren und ein wenig der Musik lauschen, während man im Wohnzimmer staubwischt, die Post sortiert oder aus dem Fenster in die reale Welt schaut. Aber ehrlich, dazu muss man den 3D-Chip der Grafikkarte wirklich nicht unnötig belasten.

    Byebye Secondlife. In 4 Jahren schaue ich vielleicht mal wieder vorbei.


    Freitag, 5. August 2011

    Downsizing



    Geplante Obsoleszenz unter dem Öko Rettungsschirm





    Rettungsschirme sind in Mode. Drunter versammeln wir erst die Banken. Dann die Iren, die Griechen und wenns hart kommt, noch ein paar mehr. Ein gewaltiger Rettungsschirm, an dem permanent noch jemand Stoff annähen muss, damit alle drunter passen. Als alternativlos bezeichnen das unsere Politiker. Dabei verschieben diese mächtigen Leute Probleme, die sie nicht selbst lösen können, möglichst weit nach hinten. Bis es umso mehr rumpelt.

    Ähnlich alternativlos zeigt sich unsere Automobilindustrie. Während die Welt sich Tag für Tag mehr mit dem Elektroantrieb befasst, jubelt sie dem Verbraucher still und heimlich Benzinmotoren unter, die er gar nicht forderte. Unter dem Deckmantel von Ökologie und Nachhaltigkeit rückt ein Wort in den Vordergrund, das bisher den wenigsten einen kalten Schauer über den Rücken jagte: Downsizing. Doch was ist Downsizing? Warum denkt die Automobilindustrie, dass wir es brauchen und was für Auswirkungen hat es?

    Seit mehreren Jahren geht der Trend bei den meisten Autoherstellern hin zu weniger Hubraum, weniger Zylindern und dem Aufladen von Motoren. Zudem baut man noch eine Menge vermeintliche Spritspartechnologie mit ein. Während Mercedes schon vor vielen Jahren auf den Kompressor setzte (es gab Aufschreie, als ein 4-Zylinder erstmals in einer S-Klasse angeboten wurde), zog Volkswagen später mit irrwitzigen Konstrukten wie dem 1.4 TSI nach, der gleich Kompressor und Turbo beinhaltete. Auch bei BMW ist es nun so weit. Man bereitete den Kunden langsam darauf vor, dass es bald vorbei ist mit dem famosen Reihensechszylinder, indem man ihn nur noch in den oberen PS-Regionen anbot und im Massengeschäft auf 4-Zylinder Benziner setzte. In den neuen Baureihen kommt nun der Turbo obendrauf. Drehmoment und Durchzugsstärke werden nun auch bei BMW zu den Lieblingsmarketingwörtern gehören. Irgendwie macht das Gerücht die Runde, 6-Zylinder Motoren sind plötzlich altmodische Spritfresser. Die Praxis scheint niemanden mehr zu interessieren. So kann man sich in den nächsten Jahren bei vielen Herstellern auf aufgeladene 3-Zylinder Motoren freuen. Ja, man kann durchaus pauschalisieren: Während sich ein Großteil der BMW Eigner früher freuen durfte, dass sein sahniger 6-Zylinder 300.000km und mehr ohne Probleme abspulte, so muss der leidige 120i Besitzer heute mit Motorruckeln noch während der Einfahrphase kämpfen. Während im Verkaufsraum alles noch ganz toll und öko klingt, sprechen die Kunden in Internet-Foren eine andere Sprache.

    Nicht das eigentliche reduzieren der Zylinderanzahl ist, abgesehen vom emotional eher öden Motorensound, das Problem. Unter dem Öko-Deckmantel werden dem Verbraucher heute ein Haufen Technologien untergejubelt, die direkt beim Kunden vom Prototypen zur halbwegs funktionierenden Komponente reifen dürfen. Aufladung, Direkteinspritzung, Start&Stop Systeme, immer höhere Einspritzdrücke usw. Zusätzlich wird der Motor von Werk aus auf den EU-Fahrzyklus hin optimiert, so dass auf dem Papier ein möglichst geringer Durchschnittsverbrauch stehen darf, der Kunde real aber 30% und mehr verbraucht.

    Im Zuge der Sparmaßnahmen werden auch gerne Ölmessstäbe und Wasser/Öltemperaturanzeigen weggelassen und man lässt den Kunden im Glauben, man habe heute nichts mehr zu beachten. Reinsetzen, fahren, freuen. Die wenigsten Autobesitzer wissen zum Beispiel, dass man einen Turbomotor nicht nur vorsichtig warm-, sondern auch kaltfahren sollte. Das direkte Abstellen an der Tankstelle nach der linken-Spur-Hetzjagd kann schnell teure Schäden nach sich ziehen.
     
    Eine kürzere Lebensdauer von Komponenten bringt dem Verbraucher natürlich außer Nachteilen gar nichts. Es ist gut für die Automobilindustrie, die ihren Umsatz zunehmend durch Werkstätten und Ersatzteilverkauf generiert. Ist ein Motor, der öfter gewartet und repariert werden muss und final eine kürzere Lebensdauer aufweist, ökologisch nun wirklich noch vertretbar? Was hat der Kunde von einem Minderverbrauch von 0,5 Litern wenn ihm der Turbo nach 70.000km um die Ohren fliegt?

    Auswirkungen hat dies unter dem Rettungsschirm der Garantie erst mal keine. Der Privatkäufer läuft bei den Herstellern sowieso unter ferner liefen. Firmenfahrzeuge werden eben repariert und ab 100.000km sowieso abgestoßen. Der Dumme ist der Verbraucher, der sich keinen Neuwagen leisten kann. Er erwirbt in gutem Glauben an ein deutsches Qualitätsprodukt ein Auto, das mit etwas Glück optisch noch gut dasteht, in dem aber bereits der technische Verfall wütet. Mancher Hersteller, allerdings eher fernöstlich angehaucht, steht dem immerhin mit einer 5- oder 7 Jahre Garantie gegenüber. Sollte man sich nicht fragen, warum man das von einem teuren Premiumprodukt nicht auch erwarten kann?

    Als "geplante Obsoleszenz" bezeichnet man bewusst eingebaute Schwachstellen in einem Produkt. Das Produkt wird schneller schadhaft und muss repariert oder erneuert werden. Der Kunde muss also wieder sein Geld zum Hersteller tragen. Der könnte ja sonst nichts Neues mehr verkaufen. Was im Computerbereich seit Jahren schwer in Mode ist (Stichwort Drucker), kann man der Autoindustrie heute auch vorwerfen. Durch eine gesunde Mischung aus Druck auf die Zulieferer, Einsparmaßnahmen und dem Wunsch, dem Kunden alle paar Jahre ein neues Auto zu verkaufen, entwickelt sich auch im Automobilbereich eine Wegwerfgesellschaft.

    Abgesehen vom Ärger für den Verbraucher stellt sich vor allem die Frage der Sinnhaftigkeit im Namen der Ökologie. Fortschritt ist wichtig und sollte nicht aufgehalten werden. Man kann nicht permanent dem Altem nachtrauern, weils doch früher so viel besser war. Aber: Fortschritt muss auch Sinn machen und nicht still und heimlich ganz andere Ziele verfolgen als propagiert. Während der Abwrackprämienzeit warfen wir Autos weg, die prächtig funktionierten. Um die Umwelt zu retten? Nein, um die Wirtschaft anzukurbeln. Das Produzieren eines Autos benötigt so viele Ressourcen, dass kein Verhältnis zur Spritersparnis und zum CO²-Ausstoß im eigentlichen Fahrbetrieb besteht. Man könnte argumentieren, dass heute sowieso kaum jemand sein Auto 200.000km oder mehr fährt. Dieses Argument läuft aber in der Gesamtheit ins Leere. Denn solange ein Auto läuft, wird es ja nicht verschrottet. Es kann vier, fünf oder mehr Besitzer haben und anschließend auch noch jemanden im Orient glücklich machen. Traut man das einem 1.4 Liter Turbo-Kompressor zu? Nein, dieser wird nur halb so lange laufen und muss unter unfassbarer Verschwendung von Ressourcen einem neuen Auto Platz machen. Auch die erwähnten Einsparmaßnahmen durch Downsizing sind in der Regel schöngerechnet, da die Verbrauchswerte des EU-Fahrzyklus nur auf dem Papier existieren und Komponenten schneller verschleißen. Auch vor 20 Jahren konnte man einen vernünftig motorisierten Benziner im Alltag mit circa 8 Litern bewegen. Mal ehrlich, hat sich so viel daran geändert? Wir fahren also nun mit Hubraumwanzen und glühenden Turbos durch die Weltgeschichte, in der Hoffnung, nach der Garantiezeit nicht den Geldbeutel leeren zu müssen. Natürlich prangt auf der Windschutzscheibe die grüne Umweltplakette. Wegen Öko, und so.

    Spannen wir den Bogen zurück zum Anfang dieser Geschichte. Im Gegensatz zu den Politikern dieser Welt hat die Automobilindustrie den Vorteil, dass sich die Probleme von selbst lösen werden. Der Verbrennungsmotor steht vor den spannendesten Jahren seiner Geschichte. Der Anfang vom Ende wird vermutlich darin münden, dass die erste Generation Elektro dem Downsizing einen Strich durch die Rechnung macht und uns vor 1-Zylinder Triple-Turbo Maschinen bewahrt. Ob man es hoffen soll? Dazu sollte sich jeder sein eigenes Bild machen.